Zum heute vorgestellten Bericht „Wissenschaft weltoffen 2017“ des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) erklärt Kai Gehring, Sprecher für Hochschule, Wissenschaft und Forschung:
Die Internationalisierung in der Wissenschaft ist kein Selbstläufer. Zwar sind die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Deutschland beliebte Ziele für internationale Studierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Allerdings scheitern wissenschaftliches Spitzenpersonal und internationale Studierende immer wieder an deutscher Bürokratie, die ihnen den Aufenthalt verwehrt und erschwert. Das Aufenthaltsrecht darf Talente nicht abschrecken, sondern muss Hoch- und Höchstqualifizierten vernünftige Perspektiven bieten. Ein Einwanderungsgesetz brächte einen Schub für Internationalisierung in Wissenschaft und Gesellschaft, den die Union im Bund beharrlich blockiert. Wir brauchen eine aktive und attraktive Zuwanderungspolitik für Talente und Kreative, auch angesichts nachlassender Anziehungskraft anderer Wissenschaftsnationen wie den USA und Großbritannien.
Als demografisch schrumpfende und zugleich innovative Volkswirtschaft bleibt Deutschland nur mit Weltoffenheit und „Brain Circulation“ kreativ und zukunftsfähig. Umso wichtiger ist es, die Bedingungen gerade für internationale Studierende zu verbessern, auch um die hohen Studienabbruchquoten von 41 Prozent im Bachelor und 28Prozent im Master zu verringern. Internationale Studierende brauchen bessere Betreuung und Karriereperspektiven, in Deutschland genauso wie in ihren Herkunftsländern.
Sorgen bereitet weiterhin, dass in zahlreichen Ländern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler massiv gegängelt werden oder gar um Leib und Leben fürchten müssen. Auch ein Jahr nach dem Putschversuch in der Türkei, sind unter der Regierung Erdogan Entlassungen und Verhaftungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern trauriger Alltag.
Die Wissenschaftskooperationen und transnationalen Bildungsprojekte Deutschlands in der Region müssen in ihrer Rolle als Leuchttürme für die Wissenschaftsfreiheit gestärkt werden. Zudem müssen Stipendien für geflüchtete Studierende wie für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgebaut werden. In einem ersten Schritt fordern wir die Verstetigung und mindestens Verdoppelung der Philipp Schwarz-Initiative, weil dies für Wissenschaftler im Exil überlebenswichtig ist.
Dass die Internationalisierung kein Selbstläufer ist, zeigt auch die stagnierende Mobilität von Deutschen ins Ausland. Ein Auslandsaufenthalt eröffnet neue Horizonte – davon müssen endlich auch mehr Studierende profitieren, die aus einkommensarmen Haushalten kommen. Wenn Mobilität an Finanzierungsfragen oder Unsicherheit scheitern, lässt sich das Ziel, wonach jeder zweite deutsche Studierende akademische Auslandserfahrung sammeln soll, nicht erreichen.