Deutschlands koloniale Fremdherrschaft über Teile Afrikas, Ozeaniens und Chinas ist ein verdrängtes Kapitel seiner Geschichte. In der offiziellen Erinnerungskultur der Bundesrepublik wurden das Unrecht der deutschen Kolonialherrschaft, die damit verbundenen Verbrechen und der antikoloniale Widerstand bisher kaum berücksichtigt. Hartnäckig hält sich die Meinung, Deutschland sei eine unbedeutende und harmlose oder sogar positiv wirkende Kolonialmacht gewesen.
Dieses Bild beginnt sich – wenn auch langsam – zu verändern. Einen wichtigen Anteil daran haben die vielen lokalen und überregionalen migrantisch-diasporischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen in Deutschland und Europa sowie die Aktivistinnen und Aktivisten im globalen Süden, die den Kolonialismus und dessen Kontinuitäten seit vielen Jahren adressieren. In Solidarität mit den Nachfahren Kolonisierter treiben sie die Debatte um die Provenienz und Restitution von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten, die Etablierung von Erinnerungsorten, den Charakter des Humboldt Forums und die kritische Diskussion über kolonial-propagandistische Straßennamen und Denkmäler maßgeblich voran.