Ab diesem Donnerstag gilt das neue Staatsangehörigkeitsrecht. Die Neuregelung erleichtert und beschleunigt die Einbürgerung von Menschen, sofern sie die gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllen. Der Bundestag hat das Gesetz im Januar beschlossen. Die Annahme der Staatsbürgerschaft ist damit künftig nach fünf Jahren regulärem Aufenthalt möglich – statt bisher nach acht Jahren. Bei besonderen Integrationsleistungen kann die Einbürgerung bereits nach drei Jahren erfolgen. Deutschland folgt damit der internationalen Entwicklung moderner Einwanderungsländer: In den meisten Nachbarländern ist die Einbürgerung schneller möglich als in Deutschland. Außerdem wird die doppelte Staatsbürgerschaft künftig regelhaft anerkannt.
Das Gesetz wird in Essen und dem Ruhrgebiet vielen Menschen ermöglichen, auch formal Deutsche zu werden und so unter anderem an Wahlen teilzunehmen, aktiv mitbestimmen und mitgestalten zu können. „Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht sagen wir Menschen, die bei uns leben und integriert sind: Dein Land, dein Pass“, erklärt Kai Gehring, grüner Bundestagsabgeordneter aus Essen. „Einwanderung gehört zu unserer vielfältigen Stadt und dem Ruhrgebiet dazu, das bekräftigen wir durch dieses zeitgemäße Staatsangehörigkeitsrecht mit Rechten und Pflichten.“ Die Reform sei ein Schritt zur Stärkung der Demokratie – denn die Staatsangehörigkeit stellt das rechtliche Band dar, das Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Staat verbindet.
Die Reform trägt außerdem dazu bei, die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt, die auch in Essen alle Branchen und Stadtteile betrifft, zu lindern. „Die erleichterte Einbürgerung wird dafür sorgen, dass sich dringend benötigte Fach- und Arbeitskräfte im internationalen Wettbewerb für Deutschland entscheiden und dann auch hierbleiben“, sagt Gehring. Die nun regelhafte Anerkennung der doppelten Staatsangehörigkeit sei ein Meilenstein. „Damit geben wir Vielfalt als Lebensrealität vieler Menschen in einer zunehmend globalisierten und mobilen Welt den notwendigen Respekt.“ Für Menschen, die ihre bisherige Staatsangehörigkeit aus verschiedenen Gründen nicht aufgeben wollen oder können, eröffnet sich dadurch Teilhabe in dem Land, in dem sie leben. „Wer hier Wurzeln geschlagen hat, soll bleiben können und Deutsche*r werden.“
Mit der Novellierung des Staatsangehörigkeitsrechts wird darüber hinaus die Anerkennung der Gastarbeiter-Generation endlich verbessert, indem – nur für sie – die Sprachanforderungen für eine Einbürgerung gesenkt werden. Verbesserungen gibt es auch für Staatenlose, für die in den Behörden stärker sensibilisiert werden soll. Das Gesetz sieht vor, die künftige Einbürgerungspraxis statistisch zu erfassen und zu evaluieren, um gegebenenfalls Veränderungen vornehmen zu können.
Für die Umsetzung des Staatsangehörigkeitsrechts ist die Stadt Essen zuständig, die bei Einbürgerungen allerdings schon seit Jahren einen hohen Antragsstau und unzumutbar lange Wartezeiten zu verzeichnen hat. „Die Stadt muss jetzt eine zügige Umsetzung der neuen Regelungen sicherstellen“, fordert Gehring. Auf Klagen über zusätzliche Belastungen für die Ausländerbehörde durch die gesetzliche Neuregelung, die schon mit dem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 absehbar war, reagiert er so: „Spätestens seit Vorlage des Reformentwurfs im Juni 2023 hätten Vorkehrungen getroffen werden müssen, um einen noch größeren Antragsstau zu verhindern.“ Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts sei demnach keine Überraschung gewesen. „Außerdem kann es sich der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Essen aufgrund des Fachkräftemangels nicht leisten, internationale Fach- und Arbeitskräfte infolge unzureichender Willkommensinfrastrukturen zu vergraulen.“