Zum heute veröffentlichten Chancenmonitor erklärt Kai Gehring (Grüne), Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestags:
„Mit dem Chancenmonitor stellt die nächste Bildungsstudie unserem Bildungssystem ein schlechtes Zeugnis aus. Die Studie zertrümmert aber auch gefühlte Wahrheiten. Ausschlaggebend für Bildungschancen ist vor allem der sozioökonomische Hintergrund und nicht, wie oftmals behauptet, die Einwanderungsgeschichte.
Dass Bildungschancen weiter in dieser Deutlichkeit vom Einkommen oder dem Bildungsstand der Eltern abhängen, ist alarmierend ungerecht und können wir nicht hinnehmen. Wir brauchen in diesem Land jedes Talent und müssen bundesweit dafür sorgen, dass allen Kindern gleichermaßen Bildungswege, berufliche Perspektiven, gesellschaftliche Teilhabe und persönliche Entfaltungsmöglichkeiten offenstehen.
Um die Chancengerechtigkeit zu stärken ist es wichtig, dass wir das Startchancen-Programm schnellstmöglich einführen und so Schulen in benachteiligten Quartieren gezielt fördern und bildungsbenachteiligte Kids besonders empowern. Ungleich verteilten Bildungschancen lässt sich mit mehr individueller Förderung, gezielten Investitionen und besserer Personalausstattung – von mehr Lehrkräften bis Schulsozialarbeit – entgegenwirken. Bessere Chancen eröffnen wir, wenn Mittel nicht nach Himmelsrichtung, sondern endlich stärker nach Bedarf und Bedürftigkeit verteilt werden.
In der Bildungspolitik müssen wir uns ambitionierte Bildungsziele setzen. Jedes Kind muss Grundkompetenzen beim Lesen, Schreiben und Rechnen erreichen. Die Schulabbruchsquote müssen wir mindestens halbieren. Es braucht systematischere Sprachförderung, verstärkte Elternarbeit, multiprofessionelle Teams und außerschulische Partner zur Unterstützung.
Bildung kann besser gelingen, wenn Bund, Länder und Kommunen gesamtstaatlich enger zusammenwirken. Die Bildungsforschung und die Zivilgesellschaft müssen wir einbeziehen, denn sie kennen die Problemlagen und zeigen Lösungswege auf.
Frühkindliche Bildung stellt frühe Weichen auf gleiche Chancen: Darum ist es gut, dass Familienministerin Lisa Paus die Kita-Qualität verbessert. In diesem und im nächsten Jahr investiert der Bund insgesamt zusätzliche vier Milliarden Euro, unter anderem für die sprachliche Bildung und zur Fachkräftegewinnung. Verbesserte Bildung- und Betreuungsangebote entlasten besonders Alleinerziehende und verbessern die Bildungschancen ihrer Kinder.
Der Chancenmonitor zeigt deutlich, dass gerade auch das Einkommen von Eltern einen enormen Einfluss auf Bildungschancen hat. Nachhilfeunterricht, den Besuch im Kino und Museum oder die Mitgliedschaft im Sportverein gibt es nicht umsonst. Neben guten Kitas und Schulen, die Kinder besser fördern, müssen wir gleichzeitig wirksam gegen Kinderarmut vorgehen und mit der Kindergrundsicherung mehr Teilhabe schaffen.“