Seit Wochen protestieren viele Menschen in Libanon gegen die politischen und sozialen Verhältnisse in ihrem Land. Die Proteste richten sich gegen ein System der Korruption und des Nepotismus, mit dem die ehemaligen Bürgerkriegsparteien dieses Land unter sich aufgeteilt haben. Sie richten sich damit auch gegen die Hisbollah und ihre Unterstützerin, die Islamische Republik Iran. Die breite interkonfessionelle zivilgesellschaftliche Front richtet sich auch gegen die massive Verletzung des Friedensvertrags von Taif durch die Hisbollah. Der aggressive militärische Beistand der Hisbollah für Syriens Machthaber Baschar al-Assad im syrischen Bürgerkrieg, einschließlich zahlreicher Kriegsverbrechen, hat in den letzten Jahren zur Destabilisierung der Region beigetragen und die Fragilität der libanesischen Staatlichkeit zudem vergrößert. Die selbst ernannte „Partei Gottes“ reagiert auf die Proteste im eigenen Land mit zunehmender Härte bis hin zu massiver Gewaltanwendung durch ihre Milizen und ihre Verbündeten gegen friedlich demonstrierende Libanesinnen und Libanesen.
Die im Friedensvertrag von Taif festgelegte Machtaufteilung schreibt die konstitutionell festgeschriebene Aufteilung der Machtpositionen entlang konfessioneller Linien Libanons fort. Das gilt für Schiiten, Sunniten, Christen, Drusen und andere. Die Hisbollah als stärkste Partei der Schiiten ist damit auch Bestandteil der Regierung und des Parlaments des Libanons. Sie ist Bestandteil jener Staatlichkeit, die sie selbst herausfordert.