Zum Atlas der Zivilgesellschaft 2020 von Brot für die Welt erklären Margarete Bause, Sprecherin für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:
Margarete Bause, Sprecherin für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:
„In immer weniger Staaten kann die Zivilgesellschaft sich frei entfalten. Dass mittlerweile nur noch drei Prozent der Weltbevölkerung in Staaten leben, die als „offen“ eingestuft werden, ist ebenso alarmierend wie der Befund, dass auch in Europa Diffamierung, Hass und Hetze auf dem Vormarsch sind. Gerade Frauen werden weltweit besonders bedroht. Die Bundesregierung muss sich auf internationaler Ebene den zunehmend aggressiv, autoritär und intolerant auftretenden sogenannten Anti-Gender-Staatenbündnissen entgegenstellen. Sie muss sich auf die Seite indigener Kleinbäuerinnen stellen, die in Brasilien gegen die Abholzung des Regenwaldes kämpfen; von Textilarbeiterinnen, die in Bangladesch für Sozialstandards eintrete n; oder für Bloggerinnen, die in China, Ägypten oder Saudi-Arabien ins Gefängnis kommen, nur weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen. Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger müssen wirksamer geschützt werden: Man sollte für sie an deutschen Auslandsvertretungen geschultes Personal sowie – wo nötig – Schutzräume vorhalten und für besonders bedrohte Aktivistinnen und Aktivisten Programme für die zeitlich befristete Aufnahme auflegen. Schließlich ist jede(r) von uns gefordert, aufzustehen und gegenzuhalten, wenn Rassisten auf Marktplätzen und in deutschen Parlamenten zivilgesellschaftliches Engagement sowie den Einsatz für Gleichberechtigung oder Minderheiten diskreditieren.“
Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:
„Gesellschaftliche Vielfalt und gleiche Rechte für alle Menschen sind autokratischen Regimes und Bewegungen ein Dorn im Auge. Zivilgesellschaftliche Initiativen für Gleichstellung geraten deshalb immer mehr unter Druck. Die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Lage von LSBTTIQ sind vielerorts von Rückschritten bedroht. Weltweit häufen sich Einschüchterungen und Gewalttaten bis hin zum Mord. Deutschland muss sich wieder zum Vorreiter bei den Menschenrechten von LSBTTIQ und einer emanzipatorischen Gesellschaftspolitik entwickeln. Die anstehende EU-Ratspräsidentschaft bietet hierfür eine wichtige Gelegenheit. So muss es spürbare Konsequenzen haben, dass sich polnische Städte zu „LSBTI-freien Zonen&# 34; erklären und damit die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern mit Füßen treten. In Ungarn werden Gender Studies aus den Universitäten verbannt. Diesen zunehmend international koordinierten Rückschritten muss weltweit entschieden entgegengetreten werden.“