Brasilien ist in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Partner Deutschlands in der internationalen Politik geworden. Das Land gestaltet als zentraler Akteur internationale Friedens- und Sicherheitspolitik, globalen Klima- und Umweltschutz sowie wichtige multilaterale Entscheidungs- und Verhandlungsprozesse. Seit 2008 sind Brasilien und Deutschland in einer strategischen Partnerschaft eng verbunden. Beide Länder setzten sich für einen Reformprozess der Vereinten Nationen durch eine Erweiterung des Sicherheitsrats ein und teilten gemeinsame Initiativen bei multilateralen Organisationen. Als Gründungsmitglied der BRICS-Gruppe (BRICS = Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika), durch Beteiligung an der Schaffung neuer Finanzinstitutionen und als Mitglied der G20 verfolgte Brasilien darüber hinaus eine eigenständige, selbstbewusste Außenpolitik und war in der Entwicklungs- und Umweltpolitik ein zuverlässiger Partner. Seit der Regierungsübernahme des Präsidenten Jair Messias Bolsonaro am 1. Januar 2019 hat sich das Land allerdings zunehmend international isoliert.
Das macht auch der Umgang Bolsonaros mit der derzeitigen Corona-Pandemie deutlich. Brasilien ist aktuell das weltweit am zweitstärksten betroffene Land der Pandemie. Wesentlich dazu beigetragen hat die inkohärente Pandemiebekämpfungspolitik auf den verschiedenen Verwaltungsebenen. So stellte sich Bolsonaro beispielsweise ausdrücklich gegen die von brasilianischen Gouverneuren und Bürgermeistern verordneten Schutz- und Distanzmaßnahmen, die sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientierten. Krankenhäuser kommen an ihre Grenzen, Tote werden in Massengräbern beerdigt. Zwei Gesundheitsminister mussten gehen, weil sie Bolsonaro rieten, sich an die Empfehlungen der WHO zu halten. Das Gesundheitsministerium wurde mittlerweile einem General aus dem aktiven Dienst ohne medizinische Erfahrung übertragen, der 20 weitere Offiziere an Schaltstellen setzte.
23.09.2020 Allgemein