Bei der fünfeinhalbstündigen Bundestagsanhörung zu den vorliegenden Gesetzentwürfen habe ich mich im Sinne unseres Künast/Sitte/Gehring-Entwurfs für eine Lösung eingesetzt, die das Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen achtet und den Betroffenen – vor allem Sterbewilligen, Palliativmedizinern und Ärzten – Rechtssicherheit gibt. Würde der unionsdominierte Entwurf von Brand/Griese u.a. Gesetz, dann stünden Ärzte bei Assistenz zum Suizid künftig mit einem Bein im Gefängnis – ein schwerwiegender Eingriff ins Selbstbestimmungsrecht des Sterbenskranken und Unsicherheit für Ärzte. Die vorgeschlagenen gesetzlichen Verschärfungen werden der Realität vieler Menschen und der Grundüberzeugung der gesellschaftlichen Mehrheit nicht gerecht. Die von uns berufene Sachverständige, die Münsteraner Medizinethikerin Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert, brachte es auf den Punkt: „Ein freiverantwortlicher Suizid bei unheilbarer Krankheit ist an sich kein ethischer Skandal“, sofern man die Selbstbestimmung des Menschen respektiere. Nach ihrer Ansicht sollte Ärzten Assistenz beim Suizid generell erlaubt sein, und zwar bei der klar abgrenzbaren Minderheit der „Bilanzsuizide“. Unser zweiter Sachverständiger, der Hamburger Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Reinhard Merkel betonte: im freiheitlichen und säkularen Rechtsstaat gäbe es keinen Zwang zum Leben. Selbsttötung sei seit über 150 Jahren straffrei, demnach könne und dürfe die Assistenz dazu nicht strafbar sein. Einziger Grund für eine mögliche Schutzpflicht: die Einschränkung der Freiverantwortlichkeit. Wir hoffen und arbeiten dafür, dass die Strafrechtsverschärfung der Brand-Gruppe am Ende keine Mehrheit im Parlament findet. Die Zweifel an diesem Gesetzentwurf haben sich durch die Anhörung weiter erhöht.
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