Am 9. Oktober 2019 begann Präsident Recep Tayyip Erdoğan seine angekündigte Militäroffensive im Nordwesten Syriens. Die türkische Invasion ist eine Verletzung des Völkerrechts und eine unverantwortliche militärische Gewalteskalation mit voraussichtlich dramatischen Folgen auf vielen Ebenen. Bereits jetzt hat das militärische Vorgehen der Türkei in Syrien das Ausmaß der humanitären Katastrophe im Land dramatisch vergrößert, Fluchtbewegungen hervorgerufen und droht nun, den ohnehin schon schrecklichen Gewaltkonflikt weiter zu verschärfen. In den ersten Tagen nach der Militäroffensive waren bereits mehr als 150.000 Menschen auf der Flucht. Auch US-Präsident Donald Trump hat mit seiner verantwortungslosen Politik in der Region die ohnehin schon hochgefährliche Situation weiter verschärft. Mit seinem angekündigten Truppenabzug entzieht Trump den kurdischen Kräften abrupt die jahrelange Unterstützung im Kampf gegen den IS, der anders als von Trump suggeriert immer noch aktiv vor Ort ist, und überlässt sie ihrem Schicksal. Es ist davon auszugehen, dass eine ausreichende Bewachung der in Nordsyrien inhaftierten IS-Kämpfer nicht mehr umfassend gewährleistet sein wird.
Bereits am 21. Januar 2018 hatte die Türkei mit einer Militäroffensive in Afrin Völkerrecht gebrochen. Die Bundesregierung hat keine klaren Worte zu diesem Völkerrechtsbruch gefunden und schweigt bis heute zu Menschenrechtsverbrechen in den besetzten Gebieten. Die fehlende Kritik der Bundesregierung hat Präsident Erdoğan signalisiert, dass er keine ernsten Folgen zu befürchten hat, wenn er seine militärische Offensive ausweitet. Das geschieht nun. Mit dem Flüchtlingsdeal von 2016 hat sich die Europäische Union zudem durch Erdoğan erpressbar gemacht.