Zum Atlas der Zivilgesellschaft 2021 von Brot für die Welt erklären Margarete Bause, Sprecherin für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, und Kai Gehring, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe:
Die Corona-Pandemie ist eine Belastungsprobe für Demokratie, Menschenrechte und globale Solidarität – zu viele Länder haben ihr nicht standgehalten. Es ist alarmierend, dass 2020 fast neun von zehn Menschen weltweit in unterdrückten oder geschlossenen Gesellschaften lebten. Damit litten mehr Menschen als 2019 unter Regierungen, die Kritiker*innen drangsalieren, verfolgen, überwachen oder gar töten. Deutschland muss sich international für den Schutz und die Stärkung der Zivilgesellschaft und Oppositioneller einsetzen – besonders in Pandemiezeiten.
Aber es reicht nicht, die Missstände in anderen Regionen zu kritisieren. Deutlich mehr als die Hälfte aller EU-Bürger*innen lebt in Staaten, in denen die Grundrechte als beeinträchtigt gelten. Auch in Europa wurde die Corona-Krise instrumentalisiert, um Freiheiten von Bürger*innen, Journalist*innen sowie der Justiz dauerhaft zu beschränken oder um bereits zuvor angegriffene Handlungsspielräume weiter einzuengen. Die rechtspopulistischen Regierungen in Polen und Ungarn konnten ihre frauen- und LGBTQI-feindlichen Agenden weiter vorantreiben. Wir müssen uns konsequent gegen diese Tendenzen stellen und für ein weltoffenes Europa streiten.
Die Schlussfolgerungen aus dem Bericht müssen lauten: Programme zur Stärkung von Menschenrechtsverteidiger*innen und Zivilgesellschaft weltweit müssen ausgebaut werden. Ein wichtiges Werkzeug ist die erleichterte Vergabe von humanitären Visa. Es ist wichtig, den Schutz von Minderheiten sowie von Gruppen in vulnerablen Situationen besonders in den Fokus zu nehmen. Dazu zählen gerade Frauen und Kinder. Es braucht außerdem endlich restriktive Regeln für Ausfuhr und Lieferungen von Rüstungsgütern und Überwachungstechnologie an autoritäre Regime.